Nicht-refluxbedingte Speiseröhrenentzündungen

Häufigkeit (ziemlich selten)


chronische Erkrankungen: 0,1% - 0,4%
akute Erkrankungen: 0,2% - 1%

Nicht-refluxbedingte Speiseröhrenentzündung: Akute Entzündung der Speiseröhrenschleimhaut durch Krankheitserreger oder physikalische bzw. chemische Reize (z. B. Verätzung durch verschluckte Haushaltsreiniger, Begleiterscheinung einer Strahlentherapie). Im Vergleich zur refluxbedingten Speiseröhrenentzündung ist die nicht-refluxbedingte Variante viel seltener. Von der infektiösen Form, z. B. durch Hefepilze wie Candida albicans sowie Herpes- oder Zytomegalieviren, sind vor allem abwehrgeschwächte Menschen wie Krebskranke betroffen. Die Behandlung richtet sich nach der Ursache; bei ausgeprägten Schleimhautschädigungen kann ein operativer Eingriff notwendig sein.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Schmerzen beim Schlucken
  • Brennen hinter dem Brustbein.

Wann zum Arzt

Sofort den Rettungsdienst 112 rufen bei

  • absichtlicher oder versehentlicher Einnahme von Haushaltsreinigern oder anderen Laugen/Säuren.

In den nächsten Tagen bei

  • Schluckbeschwerden und Brennen hinter dem Brustbein.

Die Erkrankung

Ursachen und Risikofaktoren

Häufigste Ursachen der nicht-refluxbedingten Speiseröhrenentzündungen sind äußere Einflüsse. Die physikalisch-chemisch bedingte Speiseröhrenentzündung entsteht z. B. beim Einsatz von Magensonden, die die empfindliche Schleimhaut der Speiseröhre verletzen oder irritieren oder aufgrund einer Strahlentherapie. Sie kann aber auch durch Verätzungen der Speiseröhre mit Laugen oder Säuren, z. B. bei einem Selbstmordversuch oder einer versehentlichen Einnahme von Haushaltsreinigern bei Kindern ausgelöst werden. Seltenere Ursachen einer Speiseröhrenentzündung sind steckengebliebene Arzneimittel oder die Aufnahme von sehr heißen Getränken oder Speisen.

Von einer infektiösen Speiseröhrenentzündung sind meist Personen betroffen, die an einer angeborenen oder erworbenen Immunschwäche wie HIV leiden. Wichtigste Krankheitserreger sind der Hefepilz Candida albicans (Soor-Ösophagitis) sowie Zytomegalie- oder Herpes-Simplex-Viren.

Komplikationen

Bei starker Schädigung der Speiseröhre kann diese perforieren (löchrig werden). Diese Durchätzung der Speiseröhrenwand führt zu einer lebensgefährlichen Entzündung des Mediastinums (das ist der Raum zwischen den beiden Lungenflügeln hinter dem Brustbein), einer sogenannten Mediastinitis und zu schweren Blutungen. Der Betroffene muss intensivmedizinisch behandelt werden.

Diagnosesicherung

Mit einer Speiseröhrenspiegelung klärt der Arzt die Ursache im Allgemeinen rasch: Eine örtliche Schwellung, Rötung oder Blutung weist auf eine physikalische oder chemische Reizung hin; für die Verätzung sind diffuse weißliche Schleimhautbeläge typisch. Bei der Soor-Ösophagitis finden sich weiß-gelbliche, gut haftende Stippchen auf der Schleimhaut. Zytomegalieviren rufen wenige große, flache, oberflächliche Geschwüre hervor, Herpes-Simplex-Viren viele kleine und tiefe Geschwüre.

Im Zweifel entnimmt der Arzt bei der Speiseröhrenspiegelung eine Gewebeprobe, um sie im Labor untersuchen zu lassen.

Differenzialdiagnosen: Starke Schluckbeschwerden mit brennenden Schmerzen hinter dem Brustbein kommen auch bei Speiseröhrendivertikel, Speiseröhren-Beweglichkeitsstörungen und Speiseröhrenkrebs vor. Bei brennenden Schmerzen hinter dem Brustbein muss der Arzt auch eine Angina pectoris ausschließen.

Behandlung

Bei ausgeprägter Entzündung bekommt der Patient eine Magensonde zur Ernährung, ansonsten darf er weiterhin "fast normal" essen. "Fast normal" heißt erstmal weiche Speisen oder Suppen und kleine Mahlzeiten. Zusätzlich ist manchmal die Gabe von Schmerzmitteln vor den Mahlzeiten nötig.

Zur medikamentösen Behandlung verordnet der Arzt bei den infektiös bedingten Speiseröhrenentzündungen je nach Ursache Antibiotika, Antimykotika oder Virostatika. Für milde Formen der Soor-Ösophagitis gibt es das Pilzmittel als Lutschtabletten (Amphotericin), ansonsten werden die nötigen Wirkstoffe meist über Tabletten eingenommen. Reicht eine orale Behandlung nicht aus, verabreicht der Arzt die Medikamente intravenös. Haben sich in der Speiseröhre bereits Vernarbungen gebildet, muss der Arzt das Narbengewebe mittels Laser abtragen.

Bei der physikalisch-chemisch bedingten Speiseröhrenentzündung droht durch Bildung von Narben eine dauerhafte Verengung der Speiseröhre. Im Extremfall kann der Betroffene dadurch nicht mehr schlucken. Dann ist eine Bougierung nötig, das ist eine mechanische Aufweitung der Speiseröhre mit zunehmend dicken Sonden. Manchmal dehnt der Arzt die Engstellen auch mit Hilfe einer Ballondilatation.

Die absichtliche oder versehentliche Einnahme von ätzenden Haushaltsreinigern ist ein Notfall und wird intensivmedizinisch behandelt. Die Ärzte verdünnen und neutralisieren die geschluckte Substanz, behandeln die Schmerzen und stabilisieren den Kreislauf. Um gefährliche Infektionen zu verhindern, verabreichen die Ärzte Antibiotika. Außerdem bougieren sie die Speiseröhre mithilfe von Sonden, um eine drohende Vernarbung und Verengung zu verhindern. In sehr schweren Fällen müssen die am schlimmsten verätzten Abschnitte der Speiseröhre operativ entfernt und eine neue Verbindung zum Magen geschaffen werden. Dafür ziehen die Chirurgen den Magen höher, nähen ihn an den Reststumpf der Speiseröhre und verstärken diese Verbindung mit einem maschendrahtartigen Stent. Eine andere Möglichkeit ist das Dünndarminterponat: Hierbei entnehmen die Ärzte dem Patienten ein Stück Dünndarm und nähen es als Speiseröhrenersatz zwischen Mageneingang und Speiseröhrenstumpf fest.

Prognose

Bei frühzeitiger Therapie heilt die einfache Speiseröhrenentzündung meistens gut aus. Ansonsten hängt die Prognose von den Umständen und der Grunderkrankung wie beispielsweise einer Immunschwäche ab. Bougierungen einer narbig verengten Speiseröhre sind umso erfolgreicher, je früher damit begonnen wird.

Nach einer schweren Speiseröhrenverätzung ist das Krebsrisiko erhöht, regelmäßige endoskopische Kontrolluntersuchungen sind deshalb empfehlenswert.

Ihr Apotheker empfiehlt

Prävention

  • Schlucken Sie Medikamente nie im Liegen, sondern im Sitzen oder Stehen und mit 200 ml Wasser, damit Tabletten oder Kapseln nicht in der Speiseröhre stecken bleiben und die Schleimhaut angreifen können. Das gilt besonders für nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie beispielsweise Diclofenac, Acetylsalicylsäure oder Ibuprofen, aber auch für die Pille. Besondere Einnahmehinweise gibt es auch für die Gruppe der Bisphosphonate, die gegen Osteoporose eingesetzt werden (z. B. Alendronat in Fosamax®): Nehmen Sie diese Wirkstoffe immer in aufrechter Haltung mit 200 ml Wasser ein und legen Sie sich danach mindestens eine halbe Stunde lang nicht hin.
  • Halten Sie Haushaltsreiniger, andere Laugen oder Säuren, Waschbenzin sowie Pflanzenschutzmittel von Kindern fern, indem Sie diese im höchsten Fach von Schränken lagern – und füllen Sie diese nie in "neutrale" Flaschen oder Kunststoffgebinde um.

Quelle: Dr. med. Arne Schäffler, Dr. Bernadette Andre-Wallis in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski
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