Sehleistung und Sehschärfe
Sehleistung (Visus sine correctione, VCS; Rohvisus): Sehvermögen ohne Korrektur durch Brillengläser.
Sondertext: Fehlsichtigkeit und ihr Maß Dioptrie
Sehschärfe (Visus cum correctione, VCC): Sehvermögen bei optimaler Korrektur durch Brillengläser oder Kontaktlinsen.
Sehleistung und Sehschärfe für die Ferne (Fernvisus) und die Nähe (Nahvisus) werden bei jedem Auge einzeln geprüft. Um den Fernvisus zu testen, werden verschieden große Sehzeichen (Optotypen) angeboten: Buchstaben, Zahlen, E-Haken, Landolt-Ringe. Für Kinder sind Gegenstände aus dem häuslichen Bereich geeignet. Die Zeichen befinden sich auf gut beleuchteten, nicht im Gegenlicht stehenden Tafeln in 5 m Entfernung oder werden auf einen Wandschirm projiziert. Die Größe der jeweiligen Zeichen ist so gewählt, dass sie für ein normalsichtiges Auge aus einer bestimmten Entfernung (Soll-Entfernung) gerade noch erkennbar sind.
Der Visus wird nach der Formel „Ist-Entfernung geteilt durch Soll-Entfernung" berechnet. Das normale Sehvermögen beträgt 1,0, d. h. Soll- und Ist-Entfernung sind gleich groß. Das entspricht einem Sehvermögen von 100 %. Statistisch ist das der Normalfall, es gibt aber durchaus Menschen, die besser sehen können: Ein Visus von 120 % ist gerade bei Jüngeren keine Seltenheit. Durch Vorschaltung unterschiedlicher Linsen wird die optimale optische Korrektur ausgewählt. Die Sehschärfe wird mit der Linse bestimmt, mit der der Untersuchte am besten sehen kann.
Der Nahvisus wird mit Lesetexten unterschiedlicher Schriftgröße in 30–40 cm Abstand geprüft.
Bei Kleinkindern oder nicht kooperativen Erwachsenen kann der Sehfehler nicht über die Angaben des Patienten ermittelt werden. Hier werden objektive Verfahren gewählt, um eine Fehlsichtigkeit zu diagnostizieren, etwa die Skiaskopie (Schattenprobe): Bei medikamentös weit gestellter Pupille wird die Lichtquelle des Skiaskops im Abstand von 50 cm über die Pupille eines Auges geführt. Dabei beobachtet der Augenarzt oder Optiker den in der Pupille aufblitzenden roten Lichtreflex, der durch den Widerschein des Lichts auf der Netzhaut entsteht. Bewegt der Untersuchende den Spiegel des Skiaskops, wandert dieser Schatten bei Normal- und Weitsichtigkeit mit der Spiegeldrehung, bei Kurzsichtigkeit in die entgegengesetzte Richtung. Nun werden nach und nach immer stärkere Probegläser dazwischengeschaltet, bis der Schatten in der Pupille nicht mehr wandert bzw. beim Umschwung von hell zu dunkel kein Schatten mehr entsteht. In diesem Moment bewirkt das dazwischengeschaltete Glas eine volle Korrektur des Sehfehlers.