Selbsthilfe bei Fieber

Fieber (Pyrexie) hat einen schlechten Ruf. Das ist verständlich: Fieber zeigt einen körperlichen Ausnahmezustand an und ist nicht gerade angenehm. Dessen ungeachtet hat Fieber auch positive Auswirkungen: Es ist davon auszugehen, dass Fieber die Abwehr des Körpers anfacht und Selbstheilungskräfte unterstützt.

Variable Körpertemperatur

Während die Hauttemperatur des Menschen z. B. je nach Umgebungstemperatur sehr unterschiedlich sein kann, liegt die Körperkerntemperatur recht konstant im Bereich von etwa 37 °C. Dafür sorgt das Temperaturzentrum im Gehirn, das vergleichbar dem Thermostat einer Heizung besagte „Solltemperatur“ vorgibt.

Gewisse Schwankungen sind aber normal. So ist die Körpertemperatur morgens am niedrigsten und erreicht am späten Nachmittag ihr Maximum. Beim Erwachsenen schwankt die normale Körpertemperatur im Tagesverlauf um etwa ein Grad. Jeder Mensch hat dabei eine etwas andere „Betriebstemperatur“: 36,0 °C am Morgen sind deshalb je nach „Typ“ ebenso normal wie 38,0 °C am späten Nachmittag (diese Temperaturen geben jeweils den im After, also rektal gemessenen Wert wieder, im Mund sind die Temperaturen um etwa 0,5 °C niedriger). Nur bei Kleinkindern ist der Tagesrhythmus geringer ausgeprägt – die normale Körpertemperatur schwankt hier nur um etwa 0,5 °C.

Bei Frauen kommen weitere Temperaturschwankungen hinzu: In der zweiten Zyklushälfte (nach dem Eisprung) erhöht sich die Körpertemperatur um etwa 0,3 °C. Die regelmäßige Messung der Temperatur kann zur Empfängnisverhütung genutzt werden (Basaltemperaturmethode).

Viele Menschen gehen von einem starren Normwert der Körpertemperatur von meist 37 °C aus und diagnostizieren bei sich selbst „Untertemperatur“, wenn sie einmal weniger messen. Eine derartige „Untertemperatur“ ist unbedenklich. Auch sind die Schwankungen im Tagesverlauf sehr individuell und zudem vom Messort abhängig. So geben medizinische Lehrbücher als normal an:

  • Axillär (Achsel): 34,7 °C–37,5 °C
  • Oral (Mund): 35,5 °C–37,5 °C
  • Rektal (After): 36,6 °C–38,0 °C
  • Aurikulär (im Ohr, d. h. am Trommelfell): 35,8 °C–38,0 °C

Ab wann besteht Fieber? Meist wird eine Erhöhung der rektal gemessenen Körpertemperatur auf 38,5 °C oder mehr Fieber genannt. In der Grauzone zwischen 38,0 °C und 38,5 °C sprechen manche Ärzt*innen auch von erhöhter oder subfebriler Temperatur. Beim Säugling und Kleinkind liegt die „Fiebergrenze“ tiefer, hier sind schon Temperaturen über 38 °C als Fieber anzusehen.

Wodurch entsteht Fieber?

Fieber wird durch Botenstoffe des Immunsystems ausgelöst, die immer dann abgegeben werden, wenn der Körper mit Entzündungen zu kämpfen hat. Solche Entzündungen entstehen meist durch Infektionserreger (Viren, Bakterien, Pilze, Parasiten), manchmal aber auch durch Autoimmunprozesse oder durch andere Abwehrvorgänge, etwa bei Krebserkrankungen oder nach Operationen. Selten entsteht Fieber auch bei allergischen Reaktionen, als Nebenwirkung von Medikamenten oder bei einer Schilddrüsenüberfunktion.

Durch Entzündungsvorgänge wird der Temperatursollwert im Gehirn angehoben. Der Körper bemüht sich nun, die neue „Vorgabe“ zu erreichen – kühle Haut, Frieren und Zittern bis zum Schüttelfrost sind die bekannten Zeichen dieses Fieberanstiegs.

Vom Fieber zu unterscheiden ist die Überhitzung (Hyperthermie) durch eine zu starke Hitzezufuhr von außen: Das kann bei der Hitzeerschöpfung bzw. dem Sonnenstich vorkommen, oder auch bei manchen – sehr seltenen – Erkrankungen des Stoffwechsels im Muskel. Bei letzteren, auch als maligne Hyperthermien bezeichneten Formen entgleist bei erblich vorbelasteten Menschen der Stoffwechsel in der Muskulatur nach Gabe bestimmter Narkosemittel. Die Muskulatur bildet dadurch extrem viel Wärme – die Körpertemperatur kann dann bis über 44 °C ansteigen.

Folgen des Fiebers

Als Folge des Fiebers wird der Stoffwechsel hochgefahren. Der Körper verbraucht dadurch mehr Sauerstoff und setzt mehr Wasser um. Gleichzeitig werden die Gehirnzellen reizbarer, was sich z. B. durch aktivere Träume bis hin zu Tagträumen und Halluzinationen äußert, dem so genannten Fieberdelir. Die erhöhte Reizbarkeit des Gehirns kann bei Epileptikern Krampfanfälle begünstigen. Bei unter 5-Jährigen können – gutartige – Fieberkrämpfe auftreten.

Auch wenn wir manchmal Sorge haben, im Fieber zu „verglühen“ – im Gegensatz zur Überhitzung kommt eine gefährliche oder gar tödliche Überwärmung oder bleibende Schädigung beim infektionsbedingten Fieber praktisch nicht vor. Das durch Entzündungen bedingte Fieber steigt praktisch nie über 41,5 °C – höhere Temperaturen gibt es nur bei einigen, sehr seltenen Erkrankungen (z. B. beim Reye-Syndrom, schweren Hirnentzündungen und bei Tetanus).

Je höher desto schlimmer?

Oft wird vermutet, eine Krankheit sei umso gefährlicher, je höher das Fieber ist. Dies stimmt bei manchen Erkrankungen: So zeigt hohes Fieber bei einem Harnwegsinfekt oft eine Mitbeteiligung des Nierenbeckens oder des Nierengewebes an. Andererseits: Manch relativ harmlose Erkältung geht mit hohem Fieber einher, während andere, weit gefährlichere Infektionen (z. B. manche Formen der Hirnhautentzündung) zu vergleichsweise mildem Fieber führen. Sehr schwer verlaufende Infektionen wie etwa die Sepsis (Blutvergiftung) gehen manchmal sogar mit normalen Temperaturen oder Untertemperatur einher.

Fieber – nützlich oder schädlich?

Schon längere Zeit ist bekannt, dass Teile des Immunsystems bei erhöhten Temperaturen schneller arbeiten. So werden z. B. bei Fieber mehr Abwehrstoffe produziert. Auch nimmt die Aggressivität mancher Krankheitserreger (die Virulenz) bei höheren Temperaturen ab.

Auch das folgende Experiment deutet auf einen möglichen Nutzen des Fiebers hin: Wenn Eidechsen künstlich infiziert werden (etwa indem ihnen Erreger in den Körper gespritzt werden), suchen sie instinktiv sonnige Plätze auf – die wechselwarmen Tiere erhöhen dadurch ihre Körpertemperatur um mehrere Grade. Wenn man nun einen Teil der Tiere daran hindert, den Schatten zu verlassen, so zeigen diese eine höhere Sterblichkeit als jene, die sich zu sonnigen Plätzen bewegen konnten. Zumindest bei Reptilien hat „Fieber“ also eine eindeutig krankheitsbekämpfende Funktion.

Außerdem zeigen Experimente bei der Grippe (Influenza): die Krankheitsdauer ist um durchschnittlich drei Tage kürzer, wenn auf eine fiebersenkende Behandlung verzichtet wird. Ob dies auch für andere Infektionskrankheiten gilt, ist nicht sicher.

Wir gehen davon aus, dass sich der Körper die mit dem Fieber verbundene zusätzliche Arbeit nicht umsonst abverlangt und Fieber in aller Regel die Immunabwehr unterstützt. Bedrohlich ist meist nicht das Fieber, sondern die Krankheit, die der Körper durch Fieber bekämpft!

Wann zum Arzt?

Entscheidender als die Höhe des Fiebers ist der Zustand des Fiebernden. Hier gelten die Regeln:

  • Hochschwangere, geschwächte oder schon vorher kranke Menschen sollten frühzeitig zur Ärzt*in.
  • Wenn unklar ist, was das Fieber verursacht oder wenn besorgniserregende Krankheitszeichen vorliegen (wie etwa Hautblutungen), ist ein Beuch in der ärztlichen Praxis angezeigt.
  • Das gilt auch bei immer wiederkehrendem Fieber oder wenn Fieber nach einer fieberfreien Zeit von wenigen Tagen oder gar trotz Behandlung wiederholt auftritt.
  • Auch bei fieberbedingten Komplikationen – etwa Fieberdelir oder Austrocknung – ist ärztliche Hilfe hinzuzuziehen.
  • Säuglinge unter sechs Monaten mit Fieber (d. h. einer Körpertemperatur von über 38,0 °C) sollten von der Kinderärzt*in untersucht werden. Ältere Säuglinge sollten bei Temperaturen über 38,5 °C und Kleinkinder bei über 39 °C zur Kinderärzt*in, wenn sich keine Ursache, wie etwa eine Erkältung, feststellen lässt.

Was tun bei Fieber?

Weil wir davon ausgehen, dass Fieber den Heilungsverlauf unterstützt, raten wir nicht zur Fiebersenkung in jedem Fall. In vielen Fällen können schon einfache Maßnahmen Linderung verschaffen und dem Körper helfen, mit der erhöhten Temperatur besser zurechtzukommen:

  • Ruhepausen: ob nur auf der Couch oder als strikte Bettruhe.
  • Kleidung: Luftige, atmungsaktive Kleidung aus Baumwolle und eine Jacke, die je nach Bedarf aus- oder angezogen werden kann.
  • Nahrung: Leichte Kost entlastet den Kreislauf, z. B. gedämpftes Gemüse oder eine leichte Suppe.
  • Flüssigkeit: Pro Grad Temperaturerhöhung benötigt der Körper zusätzlich einen Liter Flüssigkeit am Tag. Also: immer wieder zu einem Glas Wasser greifen, geeignet sind auch Tee oder verdünnte Fruchtsäfte. Oft werden im Fieberanstieg (man „fühlt sich kalt“) warme oder heiße Getränke bevorzugt, ansonsten sind kühle (jedoch nicht eisgekühlte) Getränke die richtige Wahl. Sie trinken dann genug, wenn Sie in etwa so viel Wasser lassen wie an gesunden Tagen.

Weil gerade ältere Menschen bei Fieber viel schlafen, ist die Gefahr der Austrocknung erhöht. Hier muss oft ans Trinken erinnert oder in den Wachphasen in regelmäßigen Abständen etwas zu trinken gereicht werden – auch die damit verbundene Zuwendung tut gut.

Wann das Fieber senken?

Wenn das Fieber den Körper über Gebühr strapaziert, ist Fiebersenkung angezeigt. Dies gilt dann, wenn:

  • Die fiebernde Person mit dem Trinken nicht mehr nachkommt und eine Austrocknung zu befürchten ist.
  • Die fiebernde Person  ein Fieberdelir hat, also halluziniert und desorientiert ist.
  • Der Fiebernde schon vorher geschwächt ist, z. B. durch eine Herzschwäche oder eine chronische Lungenerkrankung wie ein Lungenemphysem.
  • Epilepsie vorliegt (hier wird am besten die Ärzt*in befragt).
  • Man „richtig leidet“ oder Schmerzen hat, wie etwa Kopfweh. Ein Fiebermittel (das gleichzeitig auch ein Schmerzmittel ist) kann dann z. B. zu besserem Schlaf verhelfen.
  • Die fiebernde Person sich nicht krank melden will oder kann (z. B. auf Dienstreise) oder die Familie weiterversorgt werden muss.

Wie das Fieber senken?

Oft hilft es schon, sich leichter anzuziehen oder nur dünn zuzudecken.

Auch nasse Wickel wie etwa Wadenwickel oder Waschungen können Wärme ableiten, dasselbe gilt für ein lauwarmes Bad.

Allerdings ist die Wirkung einer solchen „Kühlung von außen“ von Fall zu Fall unterschiedlich und hängt vor allem vom Fieberstadium ab: So ist die Hautdurchblutung in der Phase des Fieberanstiegs gering (was Sie an kalten Händen und kalten Füßen merken) – auf die Haut aufgelegte kalte Wickel können jetzt keine Wärme „aufgreifen“, sie sind also fast wirkungslos. Nur wenn man „glüht“, sind äußere Anwendungen sinnvoll. Die Wickel dürfen dabei aber nicht zu kalt sein, da sonst die Hautdurchblutung von außen vermindert wird (Kälte sorgt für eine Verengung der Blutgefäße) – die Hitze des Körpers kann dann ebenfalls nicht nach außen abgeleitet werden.

Sondertext: Medikamente zur Fiebersenkung

Maßnahmen der Naturheilkunde

Die traditionelle Phytotherapie nennt als pflanzlichen Wirkstoff mit fiebersenkender Wirkung die Weidenrinde (Rinde der Silberweide Salix) – die darin enthaltenen Salicylate wirken wie „natürliches Aspirin“: Einen Teelöffel Rinde mit ¼ Liter kaltem Wasser sehr langsam bis zum Kochen erhitzen, dann fünf Minuten ziehen lassen, abseihen und schluckweise trinken.

Eine schweißtreibende Wirkung wird Holunderblüten und Lindenblüten zugeschrieben. Wer an Vitamin C glaubt, ist mit natürlichen Quellen wie Südfrüchten, Kirschsaft und Rote-Bete-Saft, die sich gut zum Mischen mit Wasser eignen, besser beraten als mit Vitaminpräparaten.

Hoch dosiertes Vitamin C wird immer wieder bei Fieber zur Abwehrsteigerung empfohlen, eine positive Wirkung lässt sich wissenschaftlich aber zumindest bei Erkältungskrankheiten nicht belegen.

Fieber messen

Allgemeines zum Fieber

„Muss“ man bei jeder Erkältung die Temperatur messen? Nicht unbedingt. Zum einen erkennen die meisten von uns auch ohne Messung, wenn sie fiebern. Zum anderen ist die Höhe des Fiebers kein gutes Maß dafür, wie schwer eine Krankheit ist. Dennoch kann die Messung manchmal bei der Beurteilung des Krankheitsverlaufs helfen, etwa

  • Wenn die Ärzt*in die Messung empfiehlt – z. B. um das „Anschlagen“ einer Therapie besser beurteilen zu können.
  • Bei Kindern unter drei Jahren. Hier sind zum einen Krankheiten oft schwerer zu erkennen, zum anderen sollten fiebernde Kinder ohne klare Krankheitszeichen immer dem Arzt vorgeführt werden.
  • Bevor Sie zur Ärzt*in gehen, sie telefonisch oder per Internet konsultieren. Oft hilft es der Ärzt*in, wenn sie weiß, ob ein bestimmtes Krankheitsbild mit Fieber verläuft oder ohne.

Wie messen?

Wenn Sie sich entscheiden, die Temperatur zu prüfen, so reicht „Fühlen“ nur bedingt aus: Denn während des Fieberanstiegs verengen sich die Blutgefäße der Haut und lassen daher weniger Wärme in die Haut dringen, beim Fieberabfall passiert das Umgekehrte – mit dem Handauflegen liegen Sie also oft daneben.

Zur genaueren Messung stehen heute verschiedene Thermometer zur Verfügung. Die genaueste Messmethode ist die rektale Messung, also die Messung im Po (Rektaltemperatur). Diese Art der Messung gibt die Innentemperatur des Körpers (Körperkerntemperatur) am besten wieder.

Aber auch in der Achselhöhle (axilläre Messung) oder unter der Zunge (sublinguale Messung) kann die Temperatur mit ausreichender Zuverlässigkeit gemessen werden. Sie müssen dann allerdings zu der gemessenen Temperatur jeweils etwa ein halbes Grad dazuzählen, um einen der rektalen Temperatur vergleichbaren Wert zu erhalten. Am einfachsten, aber auch am teuersten und leider nicht immer 100%ig zuverlässig, ist die Messung im Ohr (aurikuläre Messung).

Da die Körpertemperatur durch körperliche Anstrengung um bis zu 1 °C ansteigen kann, sollte man vor dem Fiebermessen am besten eine halbe Stunde ruhen. Auch zu warme Kleidung kann – vor allem bei kleinen Kindern – die Temperatur erhöhen, und zwar um bis zu 0,5 °C.

So geht’s praktisch:

  • Rektal: Spitze des Thermometers mit etwas Vaseline, einer anderen Hautcreme oder auch einfach nur mit etwas Leitungswasser gleitfähig machen und vorsichtig so weit einführen, dass zumindest der Messkonus sicher im After steckt.
  • Unter der Zunge: Thermometerspitze bei geschlossenem Mund mehrere Minuten lang still unter der Zunge parken (am besten seitlich unter dem Zungenrand).
  • In der Achselhöhle: Thermometerspitze von vorn in die Achselhöhle klemmen, still halten. Die Messung unter der Achsel dauert von allen Messarten am längsten – bis zu 10 Minuten. Alternativ kann in der Leiste gemessen werden.
  • Im Ohr: Messhülle auf den Messkopf stecken (gilt nicht für jedes Modell). Messkopf sanft in den Gehörgang halten – Messkopf sollte dicht sitzen ohne zu drücken oder weh zu tun (dazu am besten die Ohrmuschel etwas schräg nach hinten oben ziehen). Die Messung wird durch Drücken des Messknopfs gestartet.

Quelle: Dr. med. Herbert Renz-Polster in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014).
Dieser Service wird Ihnen präsentiert von apotheken.de