Wenn Kinder unter Durchfall leiden

Achtung, gefährliches Austrocknen
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Durchfall ist bei kleinen Kindern gar nicht so harmlos. Zwar lässt er sich mit viel Trinken und Ruhe meist in den Griff bekommen. Doch klappt das nicht, kann das Kind innerhalb weniger Stunden gefährlich austrocknen. Lesen Sie, welche und wieviel Flüssigkeit Säuglinge und Kleinkinder brauchen, wie man Trinklösungen am besten verabreicht und bei welchen Anzeichen das Durchfallkind zur Ärzt*in muss.

Von der Hand in den Mund

Jedes Jahr gibt es weltweit fast 1,7 Milliarden Fälle von Durchfallerkrankungen (Gastroenteritis) bei Kindern, meist verursacht durch infiziertes Trinkwasser und schlechte sanitäre Verhältnisse. Trotz der guten hygienischen Bedingungen in Deutschland zählt die akute infektiöse Gastroenteritis auch hier zu den häufigsten Krankheitsbildern. Verursacher sind vor allem Viren wie das Norovirus und das Rotavirus, aber auch bakterielle Salmonellen- und Campylobacterinfektionen schlagen bei den Durchfallerkrankungen zu Buche.

Die Erreger werden über den Stuhl oder das Erbrochene ausgeschieden. Die Übertragung erfolgt fäkal-oral, das heißt, dass die über den Stuhl ausgeschiedenen Erreger über den Mund aufgenommen werden. Typische Beispiele sind ungenügendes Händewaschen nach dem Toilettengang oder Handkontakt mit verunreinigten Flächen. Auch Tröpfcheninfektionen sind möglich. . Dabei gelangen durch schwallartiges Erbrechen virusbeladene kleineste Tröpfchen aus der Speiseröhre in die Luft und werden von einer anderen Person über den Mund aufgenommen. Außerdem werden viele Erreger über kontaminierte Speisen übertragen.

Besonders oft erwischt es Kleinkinder und Säuglinge. Bei ihnen ist die Erkrankung am bedrohlichsten, denn sie trocknen schneller aus als Jugendliche und Erwachsene. Das größte Risiko besteht für Kinder unter sechs Monaten oder mit einem Gewicht unter 8 kg.

Hinweis: 30% der Durchfallerkrankungen bei Kindern und 50% bei Erwachsenen werden durch das Norovirus verursacht. Die Infektionen können das ganze Jahr über auftreten, ein saisonaler Gipfel besteht in den Monaten von Oktober bis März.

Wann Durchfall nicht mehr harmlos ist

Durch starken Durchfall und Erbrechen verliert der Körper Flüssigkeit und Elektrolyte, er trocknet aus. Eine solche Dehydratation kann für den ganzen Körper gefährlich werden. Am schnellsten leiden die Gehirnzellen unter dem Wassermangel. Um ein Austrocknen nicht zu übersehen, müssen Eltern ihr krankes Kind gut beobachten. Flüssigkeitsmangel macht sich folgendermaßen bemerkbar:

Bei Kindern mit mittelschwerem und schwerem Flüssigkeitsmangel muss eine Ärzt*in eingeschaltet werden. Daneben gibt es weitere Gründe, die Kinderarztpraxis oder die Notfallambulanz einer Kinderklinik aufzusuchen:

In der Kinderarztpraxis oder in der Notfallambulanz entscheidet die Ärzt*in, ob das Kind zuhause behandelt werden kann oder stationär eingewiesen werden muss. Dort bekommt es Flüssigkeit und Elektrolyte, meist über eine Magensonde durch die Nase oder als Infusion über die Vene.

In leichten Fällen reicht Trinken

Zum Glück verlaufen die meisten Durchfallerkrankungen bei Kindern mild. In diesen Fällen ist das oberste Gebot: Flüssigkeit auffüllen und Elektrolyte ausgleichen. Am besten geht das mit einer fertigen Glukose-Elektrolytlösung aus der Apotheke. Sie wird von verschiedenen Herstellern angeboten und enthält nach WHO-Vorgaben Natriumchlorid, Kalium und Glukose. In der Regel handelt es sich um Pulver, das zum Trinken angerührt wird.

Steht kein Fertigpräparat zur Verfügung, muss die Trinklösung selbst angemischt werden. Dazu eignen sich verdünnter Schwarz-, Fenchel- oder Kamillentee oder abgekochtes Wasser. Zu einem Liter gibt man 4 Teelöffel Zucker und ¾ Teelöffel normales Kochsalz (besteht aus Natriumchlorid). Auch wenn sie von den meisten Kindern gerne getrunken werden sind Cola, Limo oder Fruchtsäfte für die Rehydrierung ungeeignet. Das liegt daran, dass sie meist zu wenig Natrium und dafür viel zu viel Zucker enthalten.

Wieviel das Kind von der Lösung trinken soll, hängt von seinem Alter und von seinem Gewicht ab. Ein weiteres Kriterium ist der Flüssigkeitsverlust.

Bei mittelschwerem oder schwerem Flüssigkeitsmangel entscheidet die Ärzt*in, wieviel Flüssigkeit das Kind benötigt und wie diese zugeführt wird.

Eingenommen wird die Trinklösung nach Wunsch des Kindes gekühlt oder bei Zimmertemperatur. Wenn das Kind erbricht, gibt man zu Beginn alle ein bis zwei Minuten 5 ml mit einem Teelöffel. Kleine Kinder lehnen dies manchmal ab, hier hilft eine Einmalspritze (natürlich ohne Nadel). Damit verabreicht man vorsichtig geringe Mengen in den Mund, am besten in Richtung Wange. Hat das Kind mit Löffel oder Spritze 100-200 ml zu sich genommen, kann man mit einem Becher oder einer Saugflasche weitermachen. Damit bietet man dann mehrmals die Stunde bis zu 50 ml an.

Gestillte Säuglinge bekommen die Trinklösung per Fläschchen oder Spritze verabreicht. Parallel dazu sollen sie weiter gestillt werden.

Hinweis: Immer die Gebrauchsanweisung der Trinklösung genau beachten. Ein zu hoher oder zu niedriger Verdünnungsgrad kann den Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt stören und gefährliche Folgen für das Kind haben.

Medikamente gegen den Durchfall?

Das wichtigste „Medikament“ beim akuten infektiösen Brechdurchfall ist die Trinklösung. Mit ihr bringt man den Flüssigkeitshaushalt wieder ins Gleichgewicht und füllt verloren gegangene Elektrolyte wieder auf. Einige wenige Wirkstoffe können bei frühem Einsatz die Dauer und Schwere des Durchfalls verkürzen. Es wird jedoch geraten, sie dem Kind nur nach Rücksprache mit der Ärzt*in zu verabreichen. Beispiele dafür sind:

Keinesfalls sollte man dem Kind irgendwelche Hausmittel geben. Auch Mittel gegen Übelkeit und Erbrechen wie Dimenhydrinat sind kontraindiziert. Sie reduzieren zwar den Brechreiz, machen aber auch müde und erschweren dadurch die Flüssigkeitsaufnahme. Abgeraten wird bei Kleinkindern auch von Loperamid (für Kinder unter 2 Jahren ist der Wirkstoff sowieso kontraindiziert). Loperamid hemmt zwar die Darmbewegungen und damit den Durchfall, kann bei Kleinkindern jedoch schwere Nebenwirkungen wie z.B. Verstopfung auslösen.

Hinweis: Antibiotika gelten in den wenigstens Fällen als sinnvoll. Einerseits werden die meisten infektiösen Durchfallerkrankungen durch Viren ausgelöst. Doch auch bei bakteriell verursachtem Durchfall verordnen die Ärzt*innen nur ausnahmsweise Antibiotika, z.B. bei immungeschwächten Patienten oder schwerer Erkrankung.

Wann darf wieder gegessen werden?

Nach drei bis vier Stunden sollte mithilfe der Trinklösung der Flüssigkeitshaushalt wieder ausgeglichen sein. Das erkennt man daran, dass es dem Kind wieder besser geht und es nur noch minimale Zeichen einer Austrocknung zeigt. Wenn es möchte, kann es dann wieder etwas essen.

Säuglinge bekommen Muttermilch, Flaschenkinder ihre gewohnte, aber etwas verdünnte Flaschennahrung. Älteren Kindern bietet man stärkereiches und fett- bzw. reizstoffarmes Essen an. Geeignet sind Zwieback, Toast, Reis, Karotten- oder Kartoffelbrei oder Brühe mit Nudeln oder Reis.

Hinweis: Auch bei richtiger Behandlung hält eine akute infektiöse Durchfallerkrankung meist zwei bis drei Tage an. In der gesamten Zeit sollte das Kind viel trinken. Solange der Stuhl wässrig ist, am besten die Glukose-Elektrolytlösung.

Besser vorbeugen als Durchfall bekommen

In gewissem Maß lässt sich infektiösen Durchfallerkrankungen vorbeugen. In den ersten Lebensmonaten schützt z.B. das Stillen das Kind vor Infektionen und damit auch vor Durchfall. Das trifft auch dann zu, wenn das Baby nicht voll, sondern nur teilgestillt wird.

Ansonsten gilt das Gleiche wie für alle anderen Infektionen: Hygiene hat oberste Priorität. Vor dem Hantieren mit Nahrungsmitteln und nach dem Besuch der Toilette sollen die Hände gewaschen werden – das muss auch der Nachwuchs frühzeitig lernen. Fläschchennahrung ist immer frisch zuzubereiten, damit eventuelle Erreger sich gar nicht erst in der Milch vermehren können. Fleisch und Eier können Salmonellenlieferanten sein: Sie sollten deshalb vor dem Verzehr gut durchgegart werden.

Die STIKO empfiehlt außerdem für alle Säuglinge die Schluckimpfung gegen Rotaviren. Sie verhindert zwar keine Ansteckung, aber schwere Verläufe – die bei Kindern unter zwei Jahren lebensbedrohlich sein können. Der erste Impftermin sollte zwischen der sechsten und zwölften Woche liegen. Je nach Wirkstoff sind eine oder zwei Auffrischimpfungen im Abstand von vier Wochen erforderlich.

Tipp: Die Schluckimpfung gegen Rotaviren kann auch gleichzeitig mit anderen Impfungen im Säuglingsalter gegeben werden, z.B. mit der Sechsfachimpfung ab der 8. Lebenswoche.

Quelle: S2k-Leitlinie Akute Infektiöse Gastroenteritis bei Säuglingen und Kindern

Quelle: Dr. med. Sonja Kempinski
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